Karami geht stiften
Karami geht stiften
Ich, Karami, blickte mittlerweile schon seit einer Stunde betrübt aus dem Fenster. Das soll nun also mein neues Zuhause sein, na ja.
Vier Wochen haben mir meine Leute Hausarrest aufgebrummt. Können Sie sich auch nur im Entferntesten vorstellen, wie sich das anfühlt? Die ganzen Jahre konnte ich in der freien Natur umherspazieren, wie und wann ich wollte. Dann auch noch diese ganzen sperrigen Umzugskisten! Alles ist so beengt. Meine Leute räumen unentwegt Kisten aus und haben seitdem noch wesentlich weniger Zeit für mich als ich es bislang immer gewöhnt war.
Wenigstens ist diese Wohnung etwas größer. Aber sie ist so merkwürdig fremd. Hoffentlich darf ich mich heute Mittag da draußen endlich ein wenig umsehen. Bin schon mal sehr gespannt, wie es dort aussieht. Als Kerstin, meine Dosine, mittags von ihrer Arbeit heimkam, wusste ich, es war endlich soweit. Immer wieder schlich ich um sie herum und maunzte sie mit meinem besten "Schmelzblick" an. Schließlich öffnete sie die Tür. Die Luft roch nach Sonne und Freiheit. Ich erblickte eine weite grüne Wiese mit einigen großen Bäumen. Das gefiel mir ausnehmend gut. Vorsichtig tapste ich durch das weitläufige Gelände. Ich nahm die Spur von anderen Katzen wahr. Plötzlich stand so ein schwarzweiß aufgeplustertes gewuscheltes Etwas vor mir. "Chrcchh" fauchte es mich unfreundlich an und baute sich vor mir auf. Huuu , da verschwinde ich mal lieber ganz rasch. Wer weiß wozu dieses Hochfellungeheuer noch fähig ist. Für eine Auseinandersetzung stand mir heute wirklich nicht der Sinn, schließlich war ich noch neu in der Umgebung.
Ich ging eiligen Schrittes wieder in die neue Wohnung. Erst einmal mein Fell putzen und strategisch überlegen, was zu tun ist. Ich bin halt nicht besonders groß geraten. Dazu falle ich ebenfalls noch durch mein weißes Fell eher auf, als die grau getigerten Katzen. Am nächsten Tag hatte ich mich wieder etwas beruhigt. Abermals erkundete ich die Umgebung. Ich erforschte ausgiebig was sich so im Umfeld tat. Diesmal traf ich auf eine andere Samtpfote. Aber auch diese zeigte mir mit arroganter Miene die kalte Schulter.
Das kann ja noch heiter werden, dachte ich. Das ging nun die ganze Woche so weiter. Sehnsüchtig dachte ich daran wie ich mich in meinem alten Zuhause mit meinen Katzenkumpels regelmäßig getroffen hatte und wir oft gemeinsam an unserem Lieblingsplatz auf der Wiese vor einem Gartenhäuschen lagen und uns die wärmenden Sonnenstrahlen auf unseren Pelz scheinen ließen. Das waren traumhaft schöne Zeiten. Aber jetzt sah es wahrlich trübe aus. Ich seufzte traurig auf. Nein, am Wetter lag das nicht. Es war in meiner neuen Umgebung eine so unfreundliche Stimmung, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Hoffentlich ändert sich das bald, dachte ich. Missgelaunt beobachtete ich die Samtpfoten draußen. Hatte sie inzwischen alle entdeckt. Die plüschige schwarzweiße, die sich immer so aufspielte, die abweisende grau getigerte, den alten mürrischen schwarzen Kater und das nervende rote Fellbündel.
Es wurde nicht besser. Da traf ich trotz nagender Zweifel einen folgenschweren Entschluss. Am nächsten Tag war ich besonders freundlich zu meinen Leuten. Sie ahnten nicht was ich vor hatte. Ich verputzte all mein Futter das ich in der Frühe erhielt auf einmal und hinterließ keinen noch so winzigen Krümel. Dann begab ich mich auf die Reise. Ja, ich wollte wieder in mein altes Zuhause zurück, nur das war mein Ziel. Meine alten Kumpels wieder zu treffen, mich mit ihnen austauschen und die gemeinsame Vertrautheit spüren. Ich fühlte eine freudige Erwartung und lief einfach darauf los. Hätte ich gewusst, was mich erwarten würde, hätte ich mich wohl lieber in mein gemütliches Körbchen im neuen Wohnzimmer gesetzt. Unglaublich was ich alles erfuhr und erleben musste. Mehr verrate ich Ihnen später noch.
Autor: Martina Jenner www.die-rote-feder.de